Trump oder Harris: Die Qual der Wahl (für Anleger)?
Mit dem Verzicht von Präsident Joe Biden auf eine erneute Kandidatur rückt Kamala Harris, die derzeitige Vizepräsidentin der USA, als wahrscheinliche Kandidatin der Demokraten ins Rampenlicht. Der Aufstieg von Harris zur Präsidentschaftskandidatin könnte weitreichende Auswirkungen auf verschiedene Wirtschaftssektoren haben, insbesondere auf die Technologiebranche. Ihre engen Verbindungen zu Silicon Valley, ihre politische Agenda sowie ihre früheren Handlungen als Generalstaatsanwältin von Kalifornien können Hinweise auf die wirtschaftlichen Konsequenzen ihrer Präsidentschaft geben.
Technologie und Big Tech: Eine enge Beziehung mit Vor- und Nachteilen
Kamala Harris hat sich im Laufe ihrer politischen Karriere ein umfangreiches Netzwerk in der Technologiebranche aufgebaut. Führende Tech-Investoren wie Reid Hoffman (LinkedIn-Mitgründer) und Ron Conway haben ihre politischen Ambitionen früh unterstützt. Harris' tiefe Wurzeln in der Bay Area und ihre Verbindungen zu Schlüsselfiguren der Branche könnten Technologieaktien zugutekommen. Analysten prognostizieren, dass ihre Präsidentschaft den Tech-Sektor weiter beflügeln könnte.
Die Märkte haben bereits positiv auf die Aussicht einer Harris-Kandidatur reagiert. Nach Bidens Rückzugsankündigung stiegen die Kurse von Tech-Giganten wie Alphabet, Meta und Nvidia um etwa 2 Prozent. Dies deutet darauf hin, dass Investoren auf eine Fortsetzung des positiven Trends spekulieren sollten, sollte Harris ins Weiße Haus einziehen.
Trotz ihrer engen Beziehungen zur Tech-Industrie hat Harris auch für strengere Regulierungen der Branche plädiert. Als Generalstaatsanwältin von Kalifornien verklagte sie Unternehmen wie eBay wegen wettbewerbswidriger Praktiken und zwang das Startup Houzz, einen Datenschutzbeauftragten einzustellen. Zudem setzte sie sich gegen das Verbreiten von „Rachepornos“ in sozialen Medien ein, was dazu führte, dass Unternehmen wie Meta und Google teure Maßnahmen ergreifen mussten, um entsprechende Inhalte zu entfernen.
Die Unterstützung von Harris für strengere Regulierungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) zeigt sich in ihrer Unterstützung für eine Verordnung von Biden, die einen stärkeren Schutz der Verbraucher vorsieht. Bei Treffen mit führenden Technologiemanagern warnte sie vor den potenziellen Gefahren der KI und betonte die moralische Verpflichtung der Unternehmen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Steuerpolitik: Höhere Abgaben für Reiche und Unternehmen
Eine Präsidentschaft von Harris könnte darüber hinaus zu höheren Steuern für Topverdiener und Unternehmen führen. Harris hat bereits in ihrer Präsidentschaftskampagne 2019 eine Anhebung des Unternehmenssteuersatzes auf 35 Prozent gefordert und plant, Kapitalerträge zu regulären Einkommenssteuersätzen zu besteuern. Diese Maßnahmen könnten die Gewinne einiger Unternehmen belasten, jedoch auch Investitionen in Infrastruktur und Sozialprogramme finanzieren.
Ein zentraler Punkt ihrer wirtschaftspolitischen Agenda ist die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zur Finanzierung von „Medicare for All“. Konkret sieht ihr Plan vor, Aktientransaktionen mit einem Steuersatz von 0,2 Prozent zu belegen. Diese Steuer stößt jedoch auf heftigen Widerstand an der Wall Street, da sie Kleinanleger und Sparer benachteiligen könnte und negative Auswirkungen auf die Marktliquidität und die Markteffizienz befürchtet werden.
Klima und Energie: Priorität auf saubere Energie
Harris teilt Bidens Positionen zu Klima und Energie, wobei sie saubere Energie und Umweltgerechtigkeit priorisiert. Als Generalstaatsanwältin von Kalifornien führte sie Klagen gegen die Ölindustrie und unterstützte Maßnahmen zum Umweltschutz. Ihre Teilnahme an internationalen Klimaverhandlungen und ihre Zusage von drei Milliarden Dollar für den Grünen Klimafonds unterstreichen ihr Engagement für den Klimaschutz.
Mit ihren politischen Zielen bietet sie aber auch Angriffsfläche für die Republikaner. Ex-Präsident Donald Trump kritisiert die wirtschafts- und finanzpolitischen Pläne von Harris scharf, besonders ihre Steuererhöhungen. Er wird die höheren Unternehmensabgaben als jobfeindlich und wachstumsschädlich anprangern, da sie Arbeitsplätze vernichten und Investitionen bremsen könnten. Auch die vorgeschlagene Finanztransaktionssteuer wird bereits als Angriff auf die Altersvorsorge der Mittelschicht dargestellt.
Trump bezeichnet die Pläne in seinen letzten Ansprachen als Teil einer "linksradikalen" Agenda und behauptet, sie verfolgen einen "sozialistischen" Kurs, der die US-Wirtschaft untergräbt. Ihre engen Verbindungen zur Tech-Branche und zu China bieten ihm weitere Angriffsflächen, um sie als zu nachgiebig gegenüber Peking darzustellen. Er selbst wird voraussichtlich die Politik aus seiner ersten Amtszeit fortführen:
Handelskonflikte: Risiken für deutsche Wirtschaft und Autoindustrie
Trumps "America First"-Doktrin könnte ein Wiederaufleben der Handelskonflikte nach dem Muster seiner ersten Amtszeit bedeuten. Besonders die deutsche Autoindustrie müsste sich auf mögliche Strafzölle einstellen, die laut ifo-Institut die deutsche Wirtschaft rund 5 Milliarden Euro kosten könnten. Simulationen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigen, dass ein 10-prozentiger Zoll auf alle US-Importe das deutsche BIP-Niveau bis 2028 um 1,2 bis 1,4 Prozent senken könnte, was kumulierte BIP-Verluste von 120 bis 150 Milliarden Euro bedeuten würde.
Unternehmenssteuern: Entlastung für Firmen geplant
Trotz dieser Risiken wird eine Trump-Regierung auch wirtschaftsfreundliche Maßnahmen ergreifen, wie Steuersenkungen, von denen auch deutsche Firmen mit US-Töchtern profitieren könnten. Während seiner ersten Amtszeit stieg der S&P 500 immerhin um 70 Prozent, was auf eine positive Marktreaktion auf seine Steuer- und Deregulierungspolitik hinweist.
Regulierung: Einfluss auf Sektoren und Tech-Welt
Trump wird voraussichtlich eine lockerere Regulierung und höhere Handelszölle anstreben. Der Energie- und Finanzsektor könnte von weniger Regulierung profitieren, während europäische Banken Wettbewerbsnachteile befürchten müssen. Gleichzeitig könnten höhere Militärausgaben in Europa Unternehmen in dieser Branche zugutekommen.
Ein besonderer Fokus vom möglichen Vizepräsidenten J.D. Vance liegt auf der Regulierung der großen Tech-Unternehmen wie Google, Apple und Amazon, die er als zu mächtig betrachtet. Trumps Haltung gegenüber TikTok und anderen Tech-Giganten könnte ebenfalls zu einer strengeren Regulierung und sogar möglichen Zerschlagungen führen.
Auswirkungen auf die Halbleiterbranche
Die Aussicht auf Trumps Wahlsieg hat bereits die Aktien der großen Halbleiterkonzerne wie Nvidia und AMD unter Druck gesetzt. Trumps Zweifel an der Verteidigung Taiwans im Falle eines chinesischen Angriffs und seine Erwägung neuer Strafzölle auf Ausfuhren aus China könnten die Halbleiterbranche empfindlich treffen. Taiwan ist ein zentraler Akteur in der globalen Chipproduktion, und Unsicherheiten in dieser Region könnten massive Auswirkungen auf die Technologieindustrie haben.
Fazit: Anleger sollten mit Blick auf die US-Wahl nicht die anderen Faktoren für die globale Wirtschaftsentwicklung aus den Augen verlieren. So dominant der Kampf um das „Weiße Haus“ in den Medien auch sein wird, für die Aktienmärkte sind die Wahlergebnisse in der Regel von geringerer Bedeutung. Wahljahre waren in der Historie sogar eher von geringeren Schwankungen geprägt. Auch in diesem Jahr werden die Entscheidungen der Notenbanken zu weiteren Zinssenkungen, Inflationserwartungen und Geopolitik eine entscheidendere Rolle spielen und die Richtung an den Börsen vorgeben.
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